iusNet Erbrecht

Schulthess Logo

Erbrecht > Node

Der Testamentswiderruf in der Eröffnungspraxis

Kommentierung
Nachlassabwicklung

BGer, Urteil 5A_221/2023 vom 5. Juli 2023

Zwar handelt es sich beim Widerruf eines Testaments um eine auch im Testamentseröffnungsverfahren durchaus relevante Tatsache. Indessen muss der Widerruf im Rahmen einer Prima-facie-Beurteilung feststellbar sein. Die Vernichtung durch eine Drittperson ohne schriftliche Ermächtigung oder einen anderswie dokumentierten Widerrufswillen der Erblasserin kann im Eröffnungsverfahren nicht als gültiger Widerruf im Sinn von Art. 510 Abs. 1 ZGB qualifiziert werden. Die Frage, ob auch eine delegierte Vernichtung einer letztwilligen Verfügung einen gültigen Widerruf darstellen kann, wurde letztlich offengelassen. Die Vernichtung durch eine Drittperson ist daher wo immer möglich zu vermeiden. Ein animus revocandi kann auch in einem Widerrufstestament zum Ausdruck gebracht werden. Sollte es trotzdem zur Vernichtung der letztwilligen Verfügung durch eine Drittperson kommen (müssen), bedarf es sorgfältiger und unmittelbarer Dokumentation.
Marius Brem
iusNet ErbR 18.12.2023

Zu Unrecht angeordnete konkursamtliche Liquidation?

Rechtsprechung
Nachlassabwicklung
Alle nächsten Erben eines in Marokko geborenen Schweizer Staatsbürgers schlugen die Erbschaft in Marokko aus, weshalb über die Erbschaft die konkursamtliche Liquidation angeordnet wurde. Die Erben verlangten vergeblich die Aufhebung des Konkurses mit der Begründung, die Ausschlagung sei nichtig oder jedenfalls auf den Nachlass in Marokko beschränkt. Die Beschwerde gegen den Konkursentscheid des Konkursgerichts scheiterte daran, dass es nach der Rechtsprechung der Cour de Justice nicht Sache des Konkursgerichts ist, vorfrageweise über die Gültigkeit der Ausschlagung zu entscheiden. Über diese Frage hat der ordentliche Richter im Rahmen eines Zivilprozesses zu befinden. Als unbegründet abzuweisen ist auch die Aufsichtsbeschwerde: Das Konkursamt war an den Urteil des Konkursgerichts gebunden (auch zumal die Beschwerde abgewiesen worden war) und das Konkursurteil erweist sich jedenfalls nicht als offensichtlich nichtig.
iusNet ErbR 12.12.2023

Berechnung von Monatsfristen – ZPO und EuFrÜb

Rechtsprechung
Prozessrechtliche Fragen
- aktualisiert - 
Nach dem Wortlaut von Art. 142 Abs. 1 und 2 ZPO beginnen Monatsfristen am Tag nach der Zustellung zu laufen und enden im letzten Monat der Frist an dem dem Folgetag entsprechenden Monatstag. Das direkt und auch im Binnenverhältnis anwendbare EuFrÜb sieht vor, dass Monatsfristen an demjenigen Tag enden, der nach seiner Zahl dem dies a quo entspricht. Geht man davon aus, dass der dies a quo gemäss EuFrÜb dem fristauslösenden Ereignistag entspricht, so widerspricht die Regelung der ZPO der völkerrechtlichen Regelung. Letztere geniesst gemäss Kantonsgericht Vorrang, da Hinweise darauf fehlten, dass sich der Gesetzgeber bewusst über das EuFrÜb hätte hinwegsetzen wollen. - Zwischenzeitlich hat das Bundesgericht die Frage entschieden, wann nach Monaten bestimmte Fristen zu laufen beginnen.
iusNet ErbR 12.12.2023

Zustellung einer gerichtlichen Urkunde; öffentliches Inventar

Rechtsprechung
Nachlassabwicklung
Prozessrechtliche Fragen
Die vorliegend an den nicht durch Vollmacht ausgewiesenen Vertreter erfolgte Zustellung des angefochtenen Entscheids war nicht ordnungsgemäss. Daher ist für den Fristenlauf der Tag massgebend, an dem die Parteien vom Entscheid und seiner Begründung Kenntnis nehmen konnten. Das öffentliche Inventar dient nur dazu, die Erben über die Aktiva und Passiva des Nachlasses zu informieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Haftung für die Schulden zu beschränken, indem sie die Annahme unter öffentlichem Inventar erklären. Über Bestand und Höhe von Erbschaftsaktiva und -passiva ist ggf. in einem späteren Zivilprozess zu befinden.
iusNet ErbR 21.11.2023

Seiten