iusNet Erbrecht

Schulthess Logo

Erbrecht > IusNet > Iusnet Erbr 12024

iusNet ErbR 1/2024

iusNet ErbR 1/2024

iusNet ErbR 1/2024

 

[simplenews-subscriber:user:field-tokenfield] [simplenews-subscriber:user:field-name-account]

In den vergangenen zwei Monaten sind unter anderem folgende interessante Urteile in iusNet Erbrecht erfasst worden:

Im Rahmen der Auseinandersetzung um die Teilung des elterlichen Nachlasses behauptete eine Erbin, dass sie und ihre Miterben einen Schadenersatzanspruch gegen den beklagten Miterben aus unsorgfältiger Vermögensverwaltung hätten. Bei der Beurteilung des Anspruchs spielte auch die der Mutter am Nachlass ihres vorverstorbenen Ehemanns zustehende Verfügungsnutzniessung (usufruit de disposition) eine Rolle.

In einem weiteren Entscheid erinnert das Bundesgericht einmal mehr daran, dass die Einsetzung einer Erbenvertretung als eine vorsorgliche Massnahme im Sinn von Art. 98 BGG gilt und daher vor Bundesgericht einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann. 

Jahrelang wehrte sich eine Erbin gegen das Untätigbleiben eines Notars, der als Erbenvertreter den Nachlass der Familie verwaltete. 2021 erstattete sie schliesslich Strafanzeige wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung. Das Zürcher Obergericht verweigerte die Ermächtigung zur Strafverfolgung mit der Begründung, es mangle am subjektiven Tatbestandselement des Vorsatzes, weshalb sich ein Anfangsverdacht auf ein strafbares Verhalten nicht herleiten lasse. Zu Unrecht, meint das Bundesgericht.

Interessante Fragen, u.a. zur Ausgleichungspflicht für eine unentgeltliche Überlassung eines Hofs zur Bewirtschaftung und Bewohnung und zu einem Gesamthandanteil im Nachlass, stellten sich dem Obergericht Aargau im Rahmen eines Erbteilungsverfahrens. 

Vor dem Kantonsgericht Luzern machten Erben geltend, dass ihnen die Gebühr für die Ausstellung einer Erbbescheinigung nicht in Rechnung gestellt werden könne, da sie die Ausstellung einer solchen nicht verlangt hätten. 

Das Parlament hat in der Schlussabstimmung vom 22. Dezember 2023 die Revision des 6. Kapitels des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) beschlossen. Sollte die Referendumsfrist ungenutzt verstreichen, könnten die neuen Bestimmungen bereits 2025 in Kraft treten. Lic. iur. Andrea Dorjee-Good, Fachanwältin SAV Erbrecht, Trust and Estate Practitioner (TEP), und Livio Kaspar, MLaw, LL.M., beleuchten in ihrer Kommentierung, welche praxisrelevanten Änderungen die Revision mit sich bringen wird und welche neuen Fragen aufgeworfen werden. 

Wir hoffen, Ihnen mit diesen Informationen wertvolle Hinweise für die Praxis gegeben zu haben.

Freundliche Grüsse

Dr. iur. Anna Rea
Redaktion iusNet Erbrecht

 

 

Rechtsprechung

 

Nachlassabwicklung

Nachlassabwicklung

Erbrechtliche Klagen

Erbrechtliche Klagen

4A_277/2022

Bundesgericht

Bundesgericht
Schadenersatzforderung der Erbengemeinschaft aus einem Vermögensverwaltungsauftrag
4A_277/2022
Eine Haftung des Miterben B. aufgrund eines ihm von der Erbengemeinschaft erteilten Vermögensverwaltungsmandats scheidet vorliegend aus, da die der Ehefrau F. des Erblassers zustehende Verfügungsnutzniessung an den streitigen Aktien nach deren Verkauf in eine Quasinutzniessung am Verkaufserlös umgewandelt wurde. F. wurde somit Eigentümerin des Verkaufserlöses und nur sie konnte B. mit dessen Verwaltung beauftragen. Da F. als Nutzniesserin der Besitz am Nachlass zustand, scheitert eine aus Art. 602 ZGB abgeleitete Herausgabepflicht von B. ebenfalls. Schliesslich verneint das Gericht einen von F. geerbten Anspruch wegen Schlechterfüllung des Mandats u.a. deshalb, da das Vorliegen eines B. zurechenbaren Schadens nicht nachgewiesen wurde.

 

Prozessrechtliche Fragen

Prozessrechtliche Fragen

Nachlassverwaltung

Nachlassverwaltung

5A_529/2023

Bundesgericht

Bundesgericht
Absetzung eines Erbenvertreters (Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen)
5A_529/2023
Die Ernennung eines Vertreters der Erbengemeinschaft und damit die Überwachung der Erfüllung dieses Mandats sowie dessen Absetzung stellen Sicherungsmassnahmen und demnach vorsorgliche Massnahmen i.S.v. Art. 98 BGG dar. Daher kann die beschwerdeführende Partei vor Bundesgericht einzig die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten rügen. Auch eine Berichtigung oder Ergänzung der Sachverhaltsfeststellungen kommt nur infrage, wenn die kantonale Instanz verfassungsmässige Rechte verletzt hat. Es gilt das strenge Rügeprinzip.

 

Nachlassverwaltung

Nachlassverwaltung

1C_454/2022

Bundesgericht

Bundesgericht
Ermächtigung zur Strafverfolgung eines als Erbenvertreter eingesetzten Notars
1C_454/2022
Das Obergericht verweigerte die Ermächtigung zur Strafverfolgung eines als Erbenvertreter eingesetzten Notars wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung mit der Begründung, es mangle am subjektiven Tatbestandselement des Vorsatzes, weshalb sich ein Anfangsverdacht auf ein strafbares Verhalten nicht herleiten lasse. Zu Unrecht, meint das Bundesgericht. Zum einen lasse sich die Strafbarkeit des Erbenvertreters gestützt auf die Urteile der Aufsichtsbehörden nicht klar ausschliessen, zumal die Prüfungsbefugnis der Aufsichtsbehörde beschränkt ist und weder die Frage eines zivilrechtlichen Verschuldens noch die Strafbarkeit Gegenstand der Verfahren war. Zum anderen sei es für eine Strafbarkeit nach Art. 158 StGB nicht nötig, dass ein Motiv für die Schädigung der Erben oder eigene Vorteile erkennbar seien. Es würde ausreichen, wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält, aber dennoch pflichtwidrig untätig bleibt, weil er den Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf nimmt (Eventualvorsatz).

 

Erbrechtliche Klagen

Erbrechtliche Klagen

Nachlassabwicklung

Nachlassabwicklung

ZOR.2023.3

Obergericht AG

Obergericht AG
Erbteilung: Ausgleichungspflicht («Gratis-Wohnen»), Gesamthandanteil im Nachlass, Antrag auf Tilgung bzw. Sicherstellung von Schulden vor der Teilung u.a.m.
1. Die zeitlich unbestimmte und 30 Jahre dauernde unentgeltliche Überlassung eines Hofs zur Bewirtschaftung und Bewohnung bezweckte ohne Zweifel zumindest eine Existenzverbesserung und untersteht damit grundsätzlich der Ausgleichungspflicht nach Art. 626 Abs. 2 ZGB. Auch für die Zeit nach dem Tod des Erblassers durften die Miterben von einer Entschädigungspflicht ausgehen. 2. Da die übrigen Beteiligten eines Gesamthandverhältnisses im vorliegenden Erbteilungsverfahren nicht beteiligt waren, stand es dem Teilungsgericht nicht zu, über den Anteil im Nachlass zu verfügen bzw. dessen Teilung anzuordnen. Es könnte den Anteil aber im Rahmen des Losbildungsverfahrens zuteilen. 3. Nachdem ein Erbe die Sicherstellung bzw. Tilgung der Schulden vor der Erbteilung verlangt hatte, hätte das Teilungsgericht konkrete Anordnungen bzgl. der Passiven treffen müssen.

 

Nachlassabwicklung

Nachlassabwicklung

7H 21 198

Kantonsgericht LU

Kantonsgericht LU
Gebühren für eine ohne ausdrücklichen Antrag der Erben ausgestellte Erbbescheinigung
Weil die Erben gegen die in Aussicht gestellte Ausstellung des Erbscheins nicht opponiert und diesen danach bei Banken (die Guthaben i.d.R. nur nach Einreichung eines Erbscheins freigeben) eingesetzt haben, ist ihnen die – kostenpflichtige – Veranlassung der Ausstellung auch ohne expliziten Antrag anzurechnen. Das GebG/LU sieht vor, dass innerhalb eines Gebührenrahmens die Gebühr nach pflichtgemässem Ermessen zu bestimmen ist, wobei sich die Behörde am Aufwand und am wirtschaftlichen Interesse sowie an der Bedeutung des Geschäfts für den Gebührenpflichtigen zu orientieren hat. Die Festsetzung der Gebühr beim Maximalbetrag einzig unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses führte vorliegend zur Verletzung der gesetzlichen Bemessungsregelung (Ermessensunter­schreitung) und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids.

 

Gesetzgebung

 

Internationales Erbrecht

Internationales Erbrecht
Bund
IPRG-Revision (Erbrecht): Botschaft und Entwurf liegen vor
- aktualisiert - 
An seiner Sitzung vom 13. März 2020 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft und den Entwurf für eine Revision des internationalen Erbrechts. Hauptziel der Revision ist eine teilweise Harmonisierung der Bestimmungen des IPRG (6. Kapitel, Art. 86–96) mit der Europäischen Erbrechtsverordnung. Das Parlament hat nun die Revision in der Schlussabstimmung vom 22. Dezember 2023 beschlossen. Dieser Beitrag erläutert kurz, welche Änderungen die Referendumsvorlage im Vergleich zum Entwurf erfahren hat.

 

Kommentierung

 

Internationales Erbrecht

Internationales Erbrecht
Bund
Das revidierte internationale Erbrecht der Schweiz
Am 22. Dezember 2023 hat das Schweizer Parlament die viel diskutierte Vorlage zur Revision des Schweizer Internationalen Erbrechts (Art. 86–96 IPRG) verabschiedet. Die Revision bringt neben verschiedenen Klarstellungen auch einige praxisrelevante Änderungen mit sich. Insbesondere führen die erweiterten Zuständigkeits- und Rechtswahlmöglichkeiten zu einem grösseren Spielraum bei der Nachlassplanung. Die Revision wirft aber auch zahlreiche neue Fragen auf, so etwa im Zusammenhang mit dem Vorbehalt des Schweizer Pflichtteilsrechts, deren Beantwortung der Lehre und Praxis überlassen sein wird. Die grenzüberschreitende Nachlassplanung bleibt damit auch in Zukunft komplex.