iusNet Erbrecht

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Erbenruf

Scheidung, Wiederverheiratung und ein «vergessenes» Testament

Rechtsprechung
Nachlassabwicklung
Der Erblasser hatte mit Testament von 1961 seine damalige Ehefrau F. als Alleinerbin und deren Tochter als Ersatzerbin eingesetzt. Zudem hinterliess er als gesetzliche Erben seine dritte Ehefrau und eine gemeinsame Tochter. Da Fragen des materiellen Rechts im Streitfall dem ordentlichen Zivilgericht vorbehalten sind, konnten die Justice de Paix (Eröffnungsbehörde) und folglich auch die Cour de Justice auf Berufung der gesetzlichen Erben nicht darüber befinden, ob das Testament hinfällig sei und wem letztlich Erbenstellung zukommt. Es bleibt bei der Feststellung, dass zwar die Ex-Ehefrau gemäss Art. 120 Abs. 3 ZGB die Begünstigung aus dem Testament verloren habe; prima facie sei aber davon auszugehen, dass aufgrund der Ersatzverfügung die Erbschaft der Tochter der Ex-Ehefrau anfallen soll. Zu Recht wurde die Erbschaftsverwaltung angeordnet, da die Identität der Tochter der Ex-Ehefrau unbekannt ist. Trotz zweier erfolgloser Erbenrufe wäre es verfrüht, diese aufzuheben, zumal weder die Einjahresfrist abgelaufen ist noch feststeht, ob die Veröffentlichung im kantonalen Amtsblatt der zu beseitigenden Unsicherheit angemessen war.
iusNet ErbR 19.08.2024

Wann und in welchem Umfang können die Kosten für erbgangssicherende Massnahmen dem Nachlass auferlegt werden?

Rechtsprechung
Internationales Erbrecht
Nachlassabwicklung
Ob und inwieweit dem Nachlass Kosten für erbgangssichernde Massnahmen auferlegt werden können, hängt davon ab, ob die anordnende Instanz für die Anordnung der erbgangsichernden Massnahmen zuständig war und ob sie die geeigneten Massnahmen getroffen hat. Erbschaftsverwaltung und Erbenruf sind nur anzuordnen, falls sie notwendig i.S.v. Art. 551 Abs. 1 ZGB sind. Die einjährige Erbenruffrist ist eine Ordnungsfrist, deren Nichtbeachtung keinen materiellen Rechtsverlust für die an der Erbschaft Berechtigten nach sich zieht.
iusNet ErbR 02.10.2019

Wann liegt eine die Anordnung eines Erbenrufs rechtfertigende Ungewissheit über die Erben vor?

Rechtsprechung
Nachlassabwicklung
Die blosse Möglichkeit des Vorhandenseins weiterer Nachkommen (bei erwachsenen Personen grundsätzlich immer gegeben) genügt nicht, um die Anordnung eines Erbenrufs zu rechtfertigen. Da diese Massnahme die Erbschaft für mindestens ein Jahr blockiert, ist sie erst anzuordnen, wenn trotz Einholung aller üblichen Auskünfte durch das Eröffnungsgericht objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass weitere Nachkommen vorhanden sind.
iusNet ErbR 21.02.2019