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Widerruf

Widerruf der Ausschlagung: Kantonale Praxis, Irrtum

Rechtsprechung
Nachlassabwicklung
Die Ausschlagungserklärung ist ein Gestaltungsrecht und als solches unwiderruflich. Die kantonale Praxis, die den Widerruf der Ausschlagungserklärung aus Praktikabilitätsgründen unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise zulässt, steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichts und der herrschenden Lehre. Selbst wenn man ihr folgen wollte, wäre vorliegend die erste Bedingung, nämlich die Zustimmung aller Erben zum Widerruf, nicht erstellt. Die angeblich falsche Vorstellung über die Vermögensverhältnisse eines Miterben, dessen finanzielle Zukunft mittels Ausschlagung sichergestellt werden sollte, stellt keinen wesentlichen Irrtum dar, der zu einer Anfechtung der Ausschlagungserklärung wegen Willensmangels berechtigen würde.
iusNet ErbR 06.12.2022

Testamentswiderruf aufgrund eines später errichteten Testaments (sowie Voraussetzungen für unentgeltliche Rechtspflege)

Rechtsprechung
Erbrechtliche Klagen
Der Tatbestand von Art. 511 Abs. 1 ZGB ist durch das Zusammentreffen früherer und späterer positiver Anordnungen erfüllt, d.h., dass allein die Tatsache der Errichtung einer neuen Verfügung die ältere aufhebt. Etwas daran zu ändern vermöchte nur ein gegenteiliger Wille des Erblassers, nicht aber, dass spätere Anordnungen früheren allenfalls nicht widersprechen und somit beide zur Anwendung gelangen könnten.
iusNet ErbR 26.04.2022

Das letzte Wort ist gesprochen: Keine Auszahlung des Millionenvermächtnisses

Rechtsprechung
Erbrechtliche Klagen
Unabhängig von der Form des Widerrufs setzt das Wiederaufleben einer älteren Verfügung voraus, dass der Erblasser einen entsprechenden rechtsgeschäftlichen Willen erklärt. Ob die gemäss Art. 510 ZGB vorgesehene Vernichtung zu den gesetzlichen Formen zählt, die der Erblasser hätte einhalten müssen, um seinen animus revivendi zu erklären, kann gemäss Bundesgericht offenbleiben, da in tatsächlicher Hinsicht nicht erstellt ist, ob er im Zeitpunkt der Vernichtung der jüngeren Verfügung überhaupt um das (Noch-)Vorhandensein der älteren Urkunde wusste.
iusNet ErbR 26.07.2019

Unterscheidung zwischen Tatbestand und Rechtsfolge letztwilliger Verfügungen und Vernichtung eines Widerrufstestaments

Kommentierung
Erbrechtliche Klagen
Bei Verfügungen von Todes wegen ist zwischen dem Tatbestand und der Rechtsfolge zu unterscheiden. Der Tatbestand der letztwilligen Verfügung ist die Erklärung des Testierwillens in einer gesetzlich vorgeschriebenen Form. Das Testament entfaltet seine Rechtsfolgen erst nach dem Tod des Erblassers. Diese Unterscheidung ist zentral, wie sich im vorliegenden Entscheid zeigte. Ist der Tatbestand der letztwilligen Verfügung nicht erfüllt, ist das Testament irrelevant. Vernichtet der Erblasser eine solche Erklärung, ist es für die Frage der Rechtsfolge unbeachtlich.
Sebastian Rieger
iusNet ER 16.10.2018

"Widerruf des Widerrufs" eines Testaments

Rechtsprechung
Erbrechtliche Klagen
- aktualisiert - 
Gemäss Obergericht kann aufgrund der Beweise nicht ernsthaft angezweifelt werden, dass der Erblasser das jüngere Testament mit Testierwillen errichtet hatte. Durch die Vernichtung dieses den Widerruf früherer Verfügungen enthaltenden Testaments lebe das ältere aber dennoch nicht wieder auf, denn dafür wäre es erforderlich gewesen, dass der Erblasser seinen animus revivendi in testamentarischer Form geäussert hätte.
iusNet ER 16.10.2018