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Virtueller Erbe

Die Legitimation zur Erbteilungsklage: «virtuelle Erben» und die Auslegung von Erbvertrag und Rechtsbegehren

Kommentierung
Erbrechtliche Klagen
Falls im Rahmen der Erbteilungsklage wider Erwarten keine Erbenstellung bestätigt und der geltend gemachte Erbteil nicht zugesprochen wird, muss die Geltendmachung des Pflichtteils gemäss Bundesgericht mindestens aus der Klagebegründung oder den Umständen hervorgehen. Dies gilt namentlich bei nicht ausdrücklicher Erwähnung des Pflichtteilserben im Erbvertrag und vollständiger Verteilung des Nachlasses, unabhängig von dessen Aufführung in einem (unangefochtenen) Erbenschein. Pflichtteilserben ist deshalb zu empfehlen, im Rahmen der Erbteilungsklage auch ein Herabsetzungsbegehren zu stellen.
Domino Hofstetter
iusNet ErbR 28.08.2023

Beginn des Willensvollstreckermandats und andere Fallstricke

Kommentierung
Nachlassverwaltung
Nachlassabwicklung
Das Bundesgericht bestätigt seine Rechtsprechung betreffend Beginn des Willensvollstreckermandats: Der Willensvollstrecker wird bereits mit der letztwilligen Verfügung rechtsgültig ernannt. Der behördlichen Mitteilung (Art. 517 Abs. 2 ZGB) kommt danach nur noch deklaratorische Wirkung zu. Sofern er von seiner Ernennung Kenntnis hat, kann der Willensvollstrecker das Amt bereits vor der behördlichen Mitteilung ausdrücklich oder durch faktische Anhandnahme der Nachlassabwicklung annehmen. Eine Belehrung über die 14-tägige Ablehnungsfrist in der Mitteilung kann entfallen, wenn der Willensvollstrecker diese kennt oder kennen müsste.
Marjolein Bieri
iusNet ErbR 23.12.2019

Erbbescheinigung für den testamentarisch vollständig übergangenen Pflichtteilserben?

Rechtsprechung
Nachlassabwicklung
Das Obergericht erinnert einmal mehr daran, dass ein durch Verfügung von Todes wegen vollständig übergangener Pflichtteilserbe seine Erbenstellung erst mit einem zu seinen Gunsten lautenden Herabsetzungs- bzw. gegebenenfalls Ungültigkeitsurteil erlangt. Dass die Erblasserin es hätte genügen lassen wollen, dass der von ihr vom Erbrecht ausgeschlossene Ehemann zur Erlangung der Erbenstellung seinen dahingehenden Willen gegenüber dem Eröffnungsgericht äussert, kann aus ihrer letztwilligen Verfügung nicht abgeleitet werden.
iusNet ErbR 10.07.2019

Kann ein durch Vertrag und Testament vollständig übergangener Erbe ein öffentliches Inventar verlangen?

Rechtsprechung
Nachlassabwicklung
Die Berechtigung, ein öffentliches Inventar zu verlangen, setzt voraus, dass der Erbe die Erbschaft noch ausschlagen kann. Damit ist von einem engen Erbenbegriff auszugehen. Enterbte und durch Verfügung Todes wegen ausgeschlossene oder durch Erbvertrag i.S.v. Art. 495 ZGB ausgekaufte Erben können ein öffentliches Inventar erst dann verlangen, wenn sie ihre Erbenstellung aufgrund eines Herabsetzungs- bzw. Ungültigkeitsurteils zu ihren Gunsten erlangt haben.
iusNet ErbR 12.06.2019