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Vermächtnisklage

Erbunwürdigkeit einer Vertrauensperson (Art. 540 Abs. 1 ZGB)

Kommentierung
Erbrechtliche Klagen

BGer, Urteil 5A_993/2020 vom 2. November 2021

Das Bundesgericht bestätigte die Erbunwürdigkeit eines Pflegefachmanns, der eine alleinstehende Erblasserin 17 Jahre lang pflegte sowie ihr Haus bewirtschaftete und dadurch ihren Eintritt in ein Heim verhinderte. Das entscheidende Kriterium war das Vertrauensverhältnis mit den damit verbundenen Aufklärungspflichten. Das Urteil zeigt, dass die Erbunwürdigkeit einer Vertrauensperson jeweils im konkreten Einzelfall zu beurteilen ist. Aufgrund der schwerwiegenden Konsequenzen der Erbunwürdigkeit für die Vertrauensperson und den Erblasser sollte in die Verfügungsfreiheit des Letzteren nur mit Zurückhaltung eingegriffen werden.
Roxana Bollinger-Bär
iusNet ErbR 21.02.2022

Erbunwürdigkeit eines Pflegefachmanns, dem eine Patientin aus Dankbarkeit ihr Haus vermacht hatte

Rechtsprechung
Erbrechtliche Klagen
A. war nicht nur Pfleger, sondern auch Beistand, Generalbevollmächtigter und Vorsorgebeauftragter von H.B. Aufgrund des ausserordentlichen Abhängigkeits- und Vertrauensverhältnisses wäre A. spätestens, als er Kenntnis von seiner erbrechtlichen Begünstigung durch H.B. erhielt, verpflichtet gewesen, H.B. darüber aufzuklären, dass er seine Dienstleistungen als amtlich eingesetzter Beistand sowie im Rahmen eines entgeltlichen Dienstleistungsvertrags und nicht auf der Basis eines Freundschaftsverhältnisses erbringe. Im Lichte der weiteren Umstände haben die kantonalen Gerichte die Voraussetzungen einer Erbunwürdigkeit ohne Verletzung von Bundesrecht bejaht.
iusNet ErbR 20.12.2021

Unterscheidung zwischen Tatbestand und Rechtsfolge letztwilliger Verfügungen und Vernichtung eines Widerrufstestaments

Kommentierung
Erbrechtliche Klagen
Bei Verfügungen von Todes wegen ist zwischen dem Tatbestand und der Rechtsfolge zu unterscheiden. Der Tatbestand der letztwilligen Verfügung ist die Erklärung des Testierwillens in einer gesetzlich vorgeschriebenen Form. Das Testament entfaltet seine Rechtsfolgen erst nach dem Tod des Erblassers. Diese Unterscheidung ist zentral, wie sich im vorliegenden Entscheid zeigte. Ist der Tatbestand der letztwilligen Verfügung nicht erfüllt, ist das Testament irrelevant. Vernichtet der Erblasser eine solche Erklärung, ist es für die Frage der Rechtsfolge unbeachtlich.
Sebastian Rieger
iusNet ER 16.10.2018

"Widerruf des Widerrufs" eines Testaments

Rechtsprechung
Erbrechtliche Klagen
- aktualisiert - 
Gemäss Obergericht kann aufgrund der Beweise nicht ernsthaft angezweifelt werden, dass der Erblasser das jüngere Testament mit Testierwillen errichtet hatte. Durch die Vernichtung dieses den Widerruf früherer Verfügungen enthaltenden Testaments lebe das ältere aber dennoch nicht wieder auf, denn dafür wäre es erforderlich gewesen, dass der Erblasser seinen animus revivendi in testamentarischer Form geäussert hätte.
iusNet ER 16.10.2018