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Erbteilungsklage

Erbteilungsklage

I. Vorbemerkungen

1. Ausgangslage 

Der Erblasser, schweizerischer Staatsangehöriger mit letztem Wohnsitz in der Stadt Zürich, hinterliess neben seinen zwei Söhnen aus seiner ersten Ehe, beide schweizerische Staatsangehörige und in der Schweiz lebend, eine überlebende Ehegattin, ebenfalls schweizerische Staatsangehörige. Das Ehepaar lebte in einer im Alleineigentum des Erblassers stehenden Eigentumswohnung in der Stadt Zürich und unterstand gemäss einem öffentlich beurkundeten Ehevertrag dem Güterstand der Gütertrennung. Der Erblasser starb ohne Verfügung von Todes wegen. Sein Vermögen setzte sich im Wesentlichen zusammen aus der vorerwähnten Eigentumswohnung, aus Bankvermögen, einem Fahrzeug und dem Wohnungsinventar und seinen persönlichen Gegenständen. Neben den üblichen Erbschaftsschulden und Todesfallkosten bestand eine Hypothekarschuld gegenüber einer Bank, die auf der Eigentumswohnung lastete.

Die Söhne des Erblassers haben seit dem Tod des Erblassers versucht, mit der überlebenden Ehegattin ihres Vaters die Erbteilung einvernehmlich zu regeln. Leider blieben ihre Bemühungen erfolglos. Deshalb haben sich die Söhne entschieden, die Erbteilung gerichtlich durchzusetzen.

2. Probleme und Risiken bei der Erbteilungsklage 

Die Einreichung einer Erbteilungsklage stellt eine Einmischungshandlung im Sinne von Art. 571 Abs. 2 ZGB dar (vgl. PraxKomm Erbrecht-HÄUPTLI, Art. 571 ZGB N 5) mit der Wirkung, dass der betroffene Erbe nicht mehr das öffentliche Inventar (Art. 580 Abs. 1 i.V.m. Art. 571 Abs. 2 i.V.m. Art. 566 Abs. 1 ZGB) oder die amtliche Liquidation verlangen (Art. 593 Abs. 1 i.V.m. Art. 571 Abs. 2 i.V.m. Art. 566 Abs. 1 ZGB) und den Nachlass ausschlagen (Art. 571 Abs. 2 i.V.m. Art. 566 Abs. 2 ZGB) kann. Daher sollte eine Erbteilungsklage nicht vorschnell erhoben werden. Insbesondere gilt dies, sofern zu befürchten ist, dass der Nachlass überschuldet sein könnte.

Erbteilungsprozesse sind – mit Ausnahme der bloss aus zwei Erben bestehenden Erbengemeinschaft – Mehrparteienverfahren. Zivilprozessual besteht dabei eine notwendige Streitgenossenschaft in dem Sinne, als dass sämtliche Erben entweder auf Kläger- oder auf Beklagtenseite in den Prozess eingebunden sein müssen. Ein Kläger hat demnach alle übrigen Erben einzuklagen. Davon kann lediglich dann abgesehen werden, wenn ein Miterbe gegenüber dem Gericht erklärt, er würde sich dem Urteil – wie immer es auch ausfallen werde – vorbehaltlos unterziehen oder er sei mit den Begehren des Klägers einverstanden. Eine solche Erklärung kann vorprozessual gegenüber dem angehenden Kläger oder im Verfahren gegenüber dem Gericht abgegeben werden (STRAZZER, Interessenkollision, S. 216 f. mit Hinweisen).

Bei der  Erbteilung gilt für sämtliche Nachlassgegenstände das Verkehrswertprinzip, und zwar unabhängig des einschränkenden Wortlautes in Art. 617 ZGB. Unter dem Verkehrswert ist der Marktwert zu verstehen, also derjenige Wert, der bei einer Veräusserung der betreffenden Nachlasssache an einen unabhängigen Dritten erzielt werden könnte (vgl. etwa BGE 125 III 1 E. 5.b; PraxKomm Erbrecht-WEIBEL, Art. 617 ZGB N 11 mit Hinweisen). In vielen Fällen liegt im Zeitpunkt der Klageeinreichung bei diversen Nachlasssachen (z.B. bei Grundstücken, Unternehmen, Kunstgegenständen, Hausratsgegenständen, Möbeln, Schmuck, Fahrzeugen) entweder noch gar keine Verkehrswertschätzung vor, oder aber die Parteien können sich trotz vorliegender Verkehrswertschätzung nicht auf einen Verkehrswert einigen. In diesen Fällen wird die Einholung eines gerichtlichen Verkehrswertgutachtens beantragt. Diesfalls kann jedoch im Zeitpunkt der Klageeinreichung noch kein konkretes und genau beziffertes Erbteilungsbegehren gestellt werden (vgl. dazu nachfolgend unter III. Ergänzende Hinweise, Rz 14).

Massgebend ist überdies der Verkehrswert der Nachlassaktiven und -passiven per Teilungstag (und nicht per Todestag), somit am Tag der effektiven Erbteilung. Dies gilt auch bei der gerichtlichen Erbteilung, bei welcher der Zeitpunkt der Erbteilung mit demjenigen der Urteilsfällung zusammenfällt. Eine Bewertung der einzelnen Nachlassgegenstände auf den Tag der tatsächlichen Erbteilung bzw. des Erbteilungsurteils ist indessen kaum möglich. Deshalb behilft man sich in der Praxis mit der Festlegung eines möglichst nahe bei der tatsächlichen Teilung liegenden Stichtages und fixiert an diesem Tag die Werte des zu teilenden Nachlassvermögens. Die Erbteilung wird anschliessend mit dem Nachlassvermögen Wert per Stichtag durchgeführt. Daraus entstehende Abweichungen sind – auch bei einer gerichtlichen Erbteilung – hinzunehmen, sofern der Grundsatz der Gleichbehandlung der Erben nicht verletzt ist. Bei langen Gerichtsverfahren oder bei einer erheblichen Wertveränderung während des Verfahrens besteht jedoch die Möglichkeit, eine Nachschätzung zu verlangen (vgl. z.B. BGer 5A_141/2007 vom 21. 12.2007 E. 4.1.3 = ZGBR 2009 Nr. 44; vgl. zum Ganzen statt vieler PraxKomm Erbrecht-WEIBEL, Art. 617 ZGB N 6 ff.; vgl. auch ZEITER, Wertveränderungen, S. 285 f.).

3. Zu beachtende Fristen und Kosten bzw. Streitwert

Jeder Erbe kann grundsätzlich jederzeit die Erbteilung verlangen (Art. 604 ZGB). Deshalb können Teilungsklagen grundsätzlich jederzeit eingereicht werden. Sie unterliegen weder der Verjährung noch der Verwirkung (vgl. z.B. BK ZGB-WOLF/EGGEL, Art. 604 N 19 f.).

Die Durchsetzung des Teilungsanspruches setzt jedoch voraus, dass grundsätzlich feststeht, wer die definitiven Miterben mit welchen Erbquoten sind (BK ZGB-WOLF/EGGEL, Art. 604 N 9) und gegen wen die Klage einzureichen ist (zur notwendigen Streitgenossenschaft vgl. I. Vorbemerkungen, 2. Probleme und Risiken bei der Erbteilungsklage, Rz 4). Daher sollte mit der Erbteilungsklage bis zum Ablauf der Ausschlagungsfrist (Art. 567 ZGB), der Frist zum Verlangen des öffentlichen Inventars (inkl. der darauffolgenden Wahlmöglichkeit, Art. 580/587 ZGB) und zur Einreichung eines Gesuches um amtliche Liquidation (Art. 594 ZGB) zugewartet werden. Das Abwarten dieser Frist ist dann nicht nötig, wenn sich sämtliche beteiligten Erben eingemischt haben (Art. 571 Abs. 2 ZGB) oder die Annahme der Erbschaft erklärt haben (BK ZGB-WOLF/EGGEL, Art. 604 N 9). Dasselbe gilt auch, sofern eine Ungültigkeitsklage erhoben worden ist. Gemäss einem Teil der Lehre ist ein Erbe mit einer Erbteilungsklage zudem ausgeschlossen, solange der Willensvollstrecker an einem Teilungsvorschlag arbeitet (vgl. zum Meinungsstand: HONEGGER/STRAZZER, Rezension, S. 306 ff.).

Schliesslich setzt die Einreichung einer Teilungsklage voraus, dass keine gesetzlichen (z.B. Art. 605 Abs. 1 ZGB), rechtsgeschäftlichen (z.B. durch den Erblasser testamentarisch angeordnete oder unter den Erben vereinbarte) oder gerichtlichen Teilungshindernisgründe vorliegen.

Beim Streitwert ist Folgendes zu unterscheiden: Sofern die Teilung als solche nicht strittig ist, ist für die Berechnung des Streitwertes die Höhe des Erbanteils des Klägers massgebend (BAUMANN, Bemessung, S. 287 mit Hinweisen). Ist der Teilungsanspruch hingegen als solcher strittig, gilt der Wert des Gesamtnachlasses als Streitwert (BRÜCKNER/WEIBEL, Klagen, Rz 212 mit Hinweisen), wobei der Nettonachlass massgebend ist. Anhand dieser Streitwertberechnung hat der Kläger üblicherweise einen Gerichtskostenvorschuss gemäss Art. 98 ZPO zu bezahlen. 

Kombiniert der Kläger die Erbteilungsklage mit einem Auskunftsbegehren und beantragt er, das Verfahren sei vorerst in Anwendung von Art. 125 lit. a ZPO auf die Auskunftsbegehren zu beschränken (vgl. dazu nachfolgend unter III. Ergänzende Hinweise, 3. Kombination einer Erbteilungsklage mit anderen erbrechtlichen Klagen, Rz 19 ff.), fehlt in den Art. 91 ff. ZPO eine ausdrückliche Regelung mit Bezug auf die Festlegung des Streitwertes, und es besteht hierzu auch keine gefestigte oder einheitliche Praxis. Letzteres hat auch das Kassationsgericht des Kantons Zürich in einem Entscheid vom 18. März 2011 festgehalten (vgl. KGer ZH, 18.03.2011, ZR 2011 Nr. 42), wenn auch noch unter Anwendung der alten zürcherischen Zivilprozessordnung. Im erbrechtlichen Kontext wird der Streitwert der isolierten Auskunftsklage mit einem Bruchteil des vermögenswerten Interesses des Klägers festgesetzt (vgl. BRÜCKNER/WEIBEL, Klagen, Rz 37; GENNA, Widersprüchlichkeiten, S. 203 ff., insb. S. 205). Dieser Grundsatz wird auch analog auf die Auskunftsklage, die mit der Erbteilungsklage kombiniert wird, angewandt, weil der Kläger seinen eingeklagten Erbteil im Sinne von Art. 85 Abs. 1 ZPO solange nicht beziffern kann, als der Beklagte seiner Auskunftspflicht nicht nachgekommen ist. In der Praxis scheint sich als vorläufiger Streitwert (Art. 85 Abs. 1 ZPO) ein Bruchteil von 10% desjenigen Vermögens abzuzeichnen, welcher vom Auskunftsanspruch betroffen ist (vgl. GENNA, Widersprüchlichkeiten, S. 205).

II. Klageschrift

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III. Ergänzende Hinweise

1. Bezifferbarkeit und Bestimmtheit der Rechtsbegehren 

Grundsätzlich hat ein Kläger auch in der Erbteilungsklage seine Rechtsbegehren dergestalt zu formulieren, dass sie bei Gutheissung zum Urteil erhoben werden können. Der Kläger ist deshalb gehalten, so konkret als möglich seine Vorstellungen hinsichtlich der Verteilung der Nachlassaktiven sowie -passiven in seine Rechtsbegehren aufzunehmen. Es ist daher umstritten, ob ein (in der Praxis häufig anzutreffendes) Begehren mit der Formulierung «Es sei der Nachlass des am […] verstorbenen […] festzustellen und zu teilen», den zivilprozessualen Anforderungen überhaupt genügt (ablehnend mit eingehender Begründung GÖKSU, Rechtsbegehren, S. 127 ff.).

In Erbteilungsprozessen ist der Kläger des Öfteren nicht in der Lage, seine Rechtsbegehren gemäss der vorstehend erwähnten zivilprozessualen Maxime zu formulieren. Dies kann beispielsweise daran liegen, dass der Kläger keine Kenntnis über die genaue Zusammensetzung des Nachlasses hat, sei es etwa, weil ihm die notwendigen Informationen fehlen oder von den Miterben vorenthalten werden, oder sei es etwa, weil bei verheirateten Ehegatten erst nach vorgenommener güterrechtlicher Auseinandersetzung die Höhe des Nachlasses bestimmt werden kann. Vielfach ist eine Bezifferung auch deshalb nicht möglich, weil die (rechnerisch zum Nachlass beizufügenden) ausgleichungspflichtigen Zuwendungen gemäss Art. 626 ZGB noch nicht bekannt sind. In solchen Fällen ist der Kläger auf eine Stufenklage verwiesen, indem vorgängig zur Erbteilungsklage entsprechende Auskunftsbegehren gestellt werden (vgl. dazu III. Ergänzende Hinweise, 3. Kombination einer Erbteilungsklage mit anderen erbrechtlichen Klagen, Rz 19 ff.). Möglich ist auch der Vorbehalt einer späteren Bezifferung der Rechtsbegehren gemäss Art. 85 ZPO (vgl. zu diesen Möglichkeiten ausführlich GÖKSU, Rechtsbegehren, S. 138 ff.).

2. Rechtsnatur der Rechtsbegehren 

Die Erbteilungsklage ist grundsätzlich eine Gestaltungsklage. Ziel dieser Klage ist die Überführung der Nachlassaktiven bzw. die Zuweisung der Nachlasspassiven in die anteilige Berechtigung bzw. Verpflichtung der einzelnen Erben gemäss ihrer jeweiligen Erbquote und die damit verbundene Auflösung des Gesamthandverhältnisses der Erbengemeinschaft. 

Es entspricht jedoch der Gerichtspraxis, dass in Erbteilungsklagen regelmässig den eigentlichen Teilungsbegehren Begehren um Feststellung des Nachlasses bzw. Feststellung des Umfangs der Erbschaft und um Feststellung der Erbquoten des klagenden Erben oder aller Parteien gestellt werden. Dabei handelt es sich zivilprozessual nicht um eigentliche Feststellungsklagen im Sinne von Art. 88 ZPO. Vielmehr stellen diese Feststellungen nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sozusagen Vorfragen dar, die das Erbteilungsgericht dem eigentlichen Herz der Erbteilungsklage, nämlich der Zuweisung der Nachlassaktiven und –passiven, voranzustellen hat (BGer 5A_654/2008 vom 12.02.2009 E. 2.2 und 6.2; a.M. GÖKSU, Rechtsbegehren, S. 130 ff., welcher diese Feststellungsbegehren mangels Vorliegen eines Feststellungsinteresses als unzulässig erachtet).

Anders präsentiert sich die Rechtslage, soweit im Erbteilungsprozess auch über die Ausgleichung von lebzeitigen Zuwendungen zu befinden ist. Die Ausgleichung kann entweder Gegenstand eines eigenen Verfahrens sein (wobei das Bundesgericht diesbezüglich in BGE 123 III 49 verlangt, dass kumulativ ein Feststellungsinteresse vorliegt und keine Möglichkeit zur Erhebung einer Leistung- bzw. einer Gestaltungsklage besteht) oder in der Erbteilungsklage geltend gemacht werden (vgl. BRÜCKNER/WEIBEL, Klagen, Rz 162). Im letzteren Fall ist unseres Erachtens das Ausgleichungsbegehren keine Feststellungsklage im eigentlichen Sinne, sondern wird zum Bestandteil der Erbteilungsklage selbst (BENN, Gestaltung, S. 157).

3. Kombination einer Erbteilungsklage mit anderen erbrechtlichen Klagen

Gemäss herrschender Lehre gibt es für die Erbteilungsklage keinen einheitlichen Streitgegenstand. Vielmehr ist es zulässig, die Erbteilungsklage mit anderen erbrechtlichen Klagen zu kombinieren, z.B. mit einer Ausgleichungsklage (Art. 626 ff. ZGB) oder einer Herabsetzungsklage (Art. 522 ff. ZGB; BK ZGB-WOLF/EGGEL, Art. 604 N 34). 

Von erheblicher praktischer Bedeutung ist die Kombination mit einer erbrechtlichen Auskunftsklage. Denn der Kläger sieht sich häufig mit der Problematik des Informationsdefizits konfrontiert (vgl. dazu III. Ergänzende Hinweise, 1. Bezifferbarkeit und Bestimmtheit der Rechtsbegehren, Rz 14). Der Kläger muss deshalb die Auskunftspflicht der Erben in Anspruch nehmen, die grundsätzlich in Art. 607 Abs. 3 ZGB und Art. 610 Abs. 2 ZGB ihre rechtliche Grundlage findet: 

Gemäss Art. 607 Abs. 3 ZGB haben Miterben, die in ihrem Besitz Erbschaftssachen haben oder Schuldner des Erblassers sind, den übrigen Miterben darüber genaue Auskunft zu erteilen. Die Erben haben umfassend und unaufgefordert darüber zu informieren, wenn ihnen der Erblasser beispielsweise etwas geliehen, zur Aufbewahrung übergeben oder vermietet hat, aber auch, wenn sie dem Erblasser etwas entwendet haben. Im Weiteren haben sie Aufschluss über sämtliche Schulden, d.h. alle obligatorischen Verpflichtungen wie beispielsweise Darlehen oder offene Kredite gegenüber dem Erblasser zu geben (statt vieler PraxKomm Erbrecht-WEIBEL, Vorbem. zu Art. 607 ff. ZGB N 32 ff.; vgl. auch BREITSCHMID, Stellung, S. 117 ff.).

Zudem haben die Erben gemäss Art. 610 Abs. 2 ZGB einander alles mitzuteilen, was für die Teilung des Nachlasses relevant sein könnte bzw. was bei einer objektiven Betrachtung möglicherweise geeignet erscheint, die Teilung in irgendeiner Weise zu beeinflussen (BGE 127 III 396 E. 3). Die Auskunftspflicht betrifft auch die Informationen sowie die Herausgabe von Unterlagen mit Bezug auf alle persönlichen Verhältnisse zum Erblasser, die bei objektiver Betrachtung geeignet erscheinen, den Nachlass und die Teilungsmasse zu bestimmen und die Teilung zu beeinflussen (vgl. auch BGE 127 III 396; PraxKomm Erbrecht-WEIBEL, Vorbem. zu Art. 607 ff. ZGB N 33). Diese Pflicht erstreckt sich unter anderem auf sämtliche güterrechtlichen Vorgänge, auf alle Zuwendungen des Erblassers zu Lebzeiten, auf Schenkungen, Vorbezüge, Darlehen oder sonstige Vereinbarungen mit dem Erblasser. Zudem umfasst diese Auskunftspflicht auch die Offenlegung sämtlicher entsprechender Unterlagen, beispielsweise auch die Offenlegung von Steuerunterlagen, Steuererklärungen, Bankbelegen, schriftlichen Vereinbarungen (BRÜCKNER/WEIBEL, Klagen, Rz 20; BSK ZGB II-SCHAUFELBERGER, Art. 610 N 18; PraxKomm Erbrecht-WEIBEL, Vorbem. zu Art. 607 ff. ZGB N 34).

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung betrifft die Auskunftspflicht auch jene Erben, welche Kenntnis von Zuwendungen und Begünstigungen zu Gunsten anderer Erben haben (vgl. auch BGE 127 III 396; DRUEY, Urteilsbesprechung, S. 211; BSK ZGB II-SCHAUFELBERGER, Art. 610 N 18).

Zusammenfassend gilt, dass die Auskunftspflicht praktisch schrankenlos ist und Grenzen nur dort zu ziehen sind, wo mit der Auskunft persönlichkeitssensitive Angaben zu offenbaren wären. Allerdings bedeutet diese Grenze nicht, dass es im Ermessen des Auskunftspflichtigen steht, ob er die Auskunft verweigern kann, sondern lediglich, dass sie mit Schutzvorkehrungen (gemäss Art. 156 ZPO) zu verknüpfen sind (BREITSCHMID, Stellung, S. 117). Diese informationsfreundliche Rechtsprechung hat das Bundesgericht erst kürzlich in BGer 5A_994/2014 vom 11.01.2016 wieder bestätigt.

Diese umfassende Auskunftspflicht ist Voraussetzung für eine gerechte Verteilung und ordnungsgemässe Abwicklung des Nachlasses. Der Informationsanspruch dient der fairen Nachlassabwicklung und ist notwendige Voraussetzung, dass die Erben ihre erbrechtlichen Rechte überhaupt beziffern und auch wahrnehmen können (vgl. z.B. PraxKomm Erbrecht-WEIBEL, Vorbem. zu Art. 607 ff. ZGB N 16).

Prozessual sind die Auskunftsbegehren üblicherweise in Form der Stufenklage in den Erbteilungsprozess zu integrieren. Der Kläger klagt somit auf Information dessen, worauf er gestützt auf Art. 607 Abs. 3 ZGB und Art. 610 Abs. 2 ZGB gegenüber den Beklagten einen materiell-rechtlichen und prozessual durchsetzbaren Anspruch hat. Es liegt ein Anwendungsfall einer objektiven Klagenhäufung nach Art. 90 ZPO vor. In einem solchen Fall beantragt der Kläger sinnvollerweise, das Verfahren gestützt auf Art. 125 lit. a ZPO vorerst auf die Auskunftsbegehren zu beschränken (vgl. KUKO ZPO-OBERHAMMER, Art. 85 N 14).

4. Gesamt- und Teilklage

Der Erbteilungsanspruch erstreckt sich grundsätzlich auf den gesamten Nachlass. Dem klagenden Erben steht es indessen frei, anstelle einer Teilungsklage, welche die Teilung des gesamten Nachlasses umfasst, auch eine Klage auf partielle Erbteilung einzureichen. Bei einer derartigen objektiven Beschränkung wird nur die Zuteilung einzelner Erbschaftssachen zum Prozessgegenstand gemacht. Auch eine subjektive Beschränkung ist in dem Sinne möglich, als dass der klagende Erbe lediglich die Zuweisung von Nachlassgegenständen ausschliesslich an sich selbst beantragt. Den beklagten Miterben steht es diesfalls frei, die Erbengemeinschaft nach Ausrichtung des Erbbetreffnisses des Klägers am verbleibenden unverteilten Nachlass fortzusetzen (vgl. auch BK ZGB-WOLF/EGGEL, Art. 604 N 9). Allerdings können die Beklagten auf einen solchen beschränkten Prozessgegenstand mit Anträgen auf umfassende Erbteilung antworten, sei es qua actio duplex, sei es qua Widerklage.

Die Zulässigkeit der Teilklagen beruht letztlich auf der Dispositionsmaxime.

5. Actio duplex/Widerklage

Die Erbteilungsklage stellt einen Anwendungsfall der actio duplex dar. Das bedeutet, dass die beklagten Erben ihrerseits dem Gericht ihre Zuweisungswünsche in Form formeller Rechtsbegehren unterbreiten. Insoweit ist jede Partei sowohl Kläger als auch Beklagter (BRÜCKNER/WEIBEL, Klagen, Rz 203). Zu beachten ist allerdings, dass die Beklagten mit einem solchen Vorgehen nicht Widerklage erheben und damit nicht Widerkläger sind. Die Erhebung einer derartigen Widerklage in einem Erbteilungsverfahren ist jedoch sehr wohl möglich und zulässig. Die Widerkläger greifen zu dieser Massnahme, wenn sie ihrerseits die Prozessherrschaft für sich beanspruchen wollen. Zieht der Kläger in einer solchen Konstellation die Erbteilungsklage zurück, bleibt die Widerklage als eigenständige Klage rechtshändig, und der Prozess wird mit den widerklageweise erhobenen Rechtsbegehren fortgeführt. Demgegenüber entfallen die über eine actio duplex gestellten Rechtsbegehren der Beklagten, sofern der Kläger seine Klage zurückzieht.

6. Zuteilungskompetenzen des Erbteilungsgerichts

Bei einer Teilungsklage hat sich das Gericht grundsätzlich – wie bei anderen Klagen – an die Begehren der Parteien zu halten. Aufgrund des speziellen Charakters einer Erbteilungsklage, bei welcher die Gegenpartei eigene, unabhängig von der Klage gestellte Begehren stellen kann (vgl. zu actio duplex, III. Ergänzende Hinweise, 5. Actio duplex/Widerklage, Rz 28), kann die Zuteilung von Nachlassgegenständen jedoch zwischen den Parteien umstritten sein. Diesfalls steht die Zuteilung grundsätzlich im Ermessen des Gerichts. Vorbehalten sind selbstverständlich testamentarische Teilungsvorschriften des Erblassers. Fehlen solche Anordnungen, hält sich das Gericht an die gesetzlichen Teilungsvorschriften und folgt den in Art. 607 ff. ZGB festgelegten Teilungsprinzipien. Wesentlich dabei ist, dass grundsätzlich sämtliche Erben den gleichen Anspruch auf Zuteilung von Nachlassgegenständen, unabhängig von deren Erbquote, haben (vgl. Art. 607 Abs. 1 und Art. 610 Abs. 1 ZGB). Überdies besteht der grundsätzliche Anspruch der Erben auf Zuweisung der Erbschaftsgegenstände in natura. Übersteigen einzelne oder mehrere zusammengehörende Erbschaftsgegenstände, deren Trennung oder materielle Teilung unsachgemäss wäre, die Höhe der einzelnen Erbquoten, kann das Gericht nicht mehr ohne Weiteres eine Erbschaftssache einem einzelnen Erben zuweisen. In der Gerichtspraxis haben sich diverse Grundsätze in diesem Zusammenhang herauskristallisiert: 

Das Bundesgericht hat es bis heute abgelehnt, einen Vermögensgegenstand, der aufgrund seiner Höhe nicht einem einzelnen Erben zugewiesen werden kann, mehreren Erben zuzuweisen, sofern nicht sämtliche Erben damit einverstanden sind, mit der Begründung, dass jeder Erbe Anspruch auf Zuweisung eines Gegenstandes zu Alleineigentum habe (BGE 85 II 382; 94 II 231 = Pra 1969 Nr. 65; vgl. auch SEEBERGER, Erbteilung, S. 119). Das Bundesgericht hat auch die Abtretung eines Erbanteils an einen anderen Erben als Umgehungstatbestand qualifiziert und diese als unzulässig erachtet (BGE 92 II 313). 

Übersteigt die Höhe der Erbschaftssache einen Erbanteil, hält das Bundesgericht fest, dass eine Ausgleichszahlung an die übrigen Erben zulässig sei, sofern «die Differenz zwischen dem Wert der Erbschaftssache und dem Betrag des Erbteils nicht erheblich» oder die Ausgleichssumme «von relativ geringem Ausmass sei» (BGer 5C.214/2003 vom 08.12.2003 E. 4.1; BGer 5C.155/1991 vom 14. Mai 1992 E. 2.a). In der Lehre wird eine Ausgleichszahlung noch als zulässig erachtet, wenn sie maximal zehn Prozent des Erbteils beträgt (vgl. dazu auch BK ZGB-WOLF/EGGEL, Art. 612 N 28). Umstritten ist indessen, ob eine Ausgleichszahlung auch gegen den Willen des übernehmenden Erben zulässig ist (vgl. dazu auch BK ZGB-WOLF/EGGEL, Art. 612 N 29). 

Aufgrund dieser Grundsätze riskieren die Erben bei gegenteiligen Zuweisungsbegehren, dass das Gericht einen Nachlassgegenstand veräussern oder versteigern muss. In welcher Form die Veräusserung stattfindet, entscheidet wiederum das Gericht (Art. 612 ZGB; vgl. auch PraxKomm Erbrecht-WEIBEL, Art. 612 ZGB N 15 ff.). Das Gericht kann nur dann auf eine Veräusserung verzichten, wenn die Sache teilbar wäre, die Erbschaftssache dadurch aber nicht eine wesentliche Werteinbusse erleidet. Wann von einer erheblichen Werteinbusse gesprochen wird, ist ebenfalls umstritten. In der Lehre wird teilweise von einer noch zulässigen Teilung gesprochen, wenn die Werteinbusse weniger als 25% des ursprünglichen Wertes des Vermögensgegenstandes beträgt (vgl. SEEBERGER, Erbteilung, S. 167 f.).

7. Wirkung eines Teilungsurteils

Das Teilungsurteil, soweit es die Nachlassaktiven und -passiven den Erben zuweist, ist ein Gestaltungsurteil. Es führt die Rechtsänderung mit unmittelbarer und absoluter Wirkung herbei mit der Folge, dass das Gesamteigentum in Alleineigentum überführt wird (vgl. BK ZGB-WOLF/EGGEL, Art. 604 N 40). Soweit Grundstücke Gegenstand des Erbteilungsurteils sind, liegt ein Anwendungsfall eines aussergrundbuchlichen Erwerbs im Sinne von Art. 656 Abs. 2 ZGB vor.

8. Rechtsmittel 

Das Urteil des erstinstanzlichen Erbteilungsgerichtes unterliegt gemäss Art. 308 ff. ZPO der Berufung. Die kantonale Rechtsprechung mit Bezug auf Umfang und Tiefe der Begründungsobliegenheit nach Art. 311 Abs. 1 ZPO mag unterschiedlich sein. In der Tendenz ist sie jedoch streng. Im Ergebnis gilt im kantonalen Berufungsverfahren, was im Verfahren vor Bundesgericht für die Begründung einer Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 42 Abs. 2 Satz 1 BGG und der dazu ergangenen bundesgerichtlichen Rechtsprechung entwickelt worden ist (vgl. zum Ganzen ZPO Komm-REETZ/THEILER, Art. 311 N 36). 

Zudem ist zu beachten, dass das kantonale Berufungsverfahren in tatsächlicher Hinsicht nicht die Fortsetzung des erstinstanzlichen Prozesses darstellt. Auch im Berufungsverfahren sind die Rechtsschriften der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren die entscheidrelevanten Grundlagen. Der Sachverhalt ist damit mit dem erstinstanzlichen Verfahren abgeschlossen, das Novenrecht gemäss Art. 317 ZPO vorbehalten, das seinerseits in der Praxis restriktiv gehandhabt wird.

Der Entscheid der Berufungsinstanz unterliegt gemäss Art. 72 ff. BGG der Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht. Im Gegensatz zum kantonalen Berufungsverfahren gibt es vor Bundesgericht keine Möglichkeit einer Anschlussbeschwerde.

9. Erbteilungsklage und Schiedsgerichtsbarkeit

Die Erbteilungsklage ist insoweit schiedsfähig, als sämtliche Erben nach dem Erbgang in einer Schiedsvereinbarung übereinkommen, den Erbteilungsprozess nicht vor staatlichen Gerichten auszutragen, sondern einem Schiedsgericht zu überlassen. Denkbar ist überdies, dass sämtliche potentiellen Erben zusammen mit dem Erblasser in einem Erbvertrag vereinbaren, dass erbrechtliche Streitigkeiten nach dem Ableben durch ein Schiedsgericht zu beurteilen sind. Umstritten ist hingegen, inwieweit eine Schiedsklausel vom Erblasser testamentarisch, mithin einseitig, und mit Bindungswirkung für die Erben angeordnet werden kann. Gegen die Zulässigkeit wird nicht die Schiedsfähigkeit im Sinne von Art. 354 ZPO, sondern das Erfordernis einer Vereinbarung im Sinne von Art. 357 ZPO ins Feld geführt (vgl. zum Meinungsstand PraxKomm Erbrecht-SCHWEIZER, Anhang ZPO N 29 ff.; SCHLUMPF, Schiedsklauseln).
 

iusNet ErbR 25.02.2019

Erbteilungsklage

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Erbrechtliche Klagen

Erbteilungsklage

I. Vorbemerkungen

1. Ausgangslage 

Der Erblasser, schweizerischer Staatsangehöriger mit letztem Wohnsitz in der Stadt Zürich, hinterliess neben seinen zwei Söhnen aus seiner ersten Ehe, beide schweizerische Staatsangehörige und in der Schweiz lebend, eine überlebende Ehegattin, ebenfalls schweizerische Staatsangehörige. Das Ehepaar lebte in einer im Alleineigentum des Erblassers stehenden Eigentumswohnung in der Stadt Zürich und unterstand gemäss einem öffentlich beurkundeten Ehevertrag dem Güterstand der Gütertrennung. Der Erblasser starb ohne Verfügung von Todes wegen. Sein Vermögen setzte sich im Wesentlichen zusammen aus der vorerwähnten Eigentumswohnung, aus Bankvermögen, einem Fahrzeug und dem Wohnungsinventar und seinen persönlichen Gegenständen. Neben den üblichen Erbschaftsschulden und Todesfallkosten bestand eine Hypothekarschuld gegenüber einer Bank, die auf der Eigentumswohnung lastete.

Die Söhne des Erblassers haben seit dem Tod des Erblassers versucht, mit der überlebenden Ehegattin ihres Vaters die Erbteilung einvernehmlich zu regeln. Leider blieben ihre Bemühungen erfolglos. Deshalb haben sich die Söhne entschieden, die Erbteilung gerichtlich durchzusetzen.

iusNet ErbR 25.02.2019

 

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