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Urteilsunfähigkeit

Testament einer Person, die an einer wahnhaften Störung litt / Gutachten betreffend Urteilsfähigkeit

Rechtsprechung
Erbrechtliche Klagen
Das gerichtliche Gutachten kann Beweismittel sein oder nur der besseren Klärung des Sachverhalts dienen. Soweit dem Gutachten Beweismittelfunktion zukommen soll, ist im Bereich der Verhandlungsmaxime zur Durchführung ein Parteiantrag erforderlich. Wo das Gutachten dagegen nur der besseren Klärung des Sachverhalts dient, kann es von Amtes wegen angeordnet werden. Die Ernennung eines Sachverständigen von Amtes wegen ist somit zulässig, wenn dem Gericht die notwendigen Kenntnisse fehlen, um relevante Tatsachen zu erfassen und zu beurteilen. Vorliegend wies die Beurteilung der geistigen Fähigkeiten der Erblasserin eine gewisse Komplexität auf und erforderte spezifische medizinische Kenntnisse. Unter diesen Umständen konnte ein Gutachten von Amtes wegen angeordnet werden. Das Gutachten durfte ohne Willkür als schlüssig befunden und darauf gestützt die Vermutung der Urteilsunfähigkeit der Erblasserin bejaht werden. Hinweise auf luzide Intervalle bei der Abfassung der streitigen Testamente gab es keine, weshalb bei deren Ungültigerklärung sein Bewenden hatte.
iusNet ErbR 26.05.2023

Anfechtung des Testaments wegen behaupteter Urteilsunfähigkeit der Erblasserin

Rechtsprechung
Erbrechtliche Klagen
Letztwillig über sein Vermögen verfügen kann nur, wer urteilsfähig ist. Die Fähigkeit Volljähriger, vernunftgemäss zu handeln, ist der Normalfall, von dem der Gesetzgeber ausgeht. Wer aus der Urteilsunfähigkeit Rechte ableitet, hat das Vorliegen eines Schwächezustandes i.S.v. Art. 16 ZGB und die daraus folgende Beeinträchtigung des vernunftgemässen Handelns nachzuweisen. Kein dauernder Schwächezustand, der für sich genommen eine Umkehr der Beweislast zu begründen vermöchte, ist die Abhängigkeit von einer bestimmten Person, auch wenn diese im Einzelfall Ausdruck eines bestehenden Schwächezustands sein und insbesondere die Willensumsetzungsfähigkeit der verfügenden Person einschränken kann. Ob und inwieweit Letzteres der Fall ist, ist jedoch gesondert zu prüfen.
iusNet ErbR 18.04.2023