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Unechte Noven

Einseitige Aufhebung eines Verpfründungsvertrags

Rechtsprechung
Erbrechtliche Klagen
Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung hat der Erblasser, der sich für eine Verfügung von Todes wegen zugunsten des Vertragspartners von diesem eine Gegenleistung hat versprechen lassen, in sinngemässer Anwendung der Regeln von Art. 102 ff. OR vorzugehen, wenn er den Vertrag wegen Nichterfüllung einseitig aufheben will, was insbesondere bedingt, dass er der Gegenpartei eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung setzt oder durch die zuständige Behörde setzen lässt. Die Frage, ob vorliegend ein gewöhnlicher Verpfründungsvertrag oder eine Erbverpfründung abgeschlossen worden war, konnte offenbleiben. – Die Zulässigkeit von Noven ist nicht in die Disposition der Parteien gestellt, sondern hängt von der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen ab, und der Richter hat darüber unabhängig von einer allfälligen Bestreitung zu entscheiden.
iusnet ErbR 20.01.2025

Prozessuale Stolpersteine im Zusammenhang mit der Behauptungs- und Beweislast (Widerlegung der Errungenschaftsvermutung)

Kommentierung
Prozessrechtliche Fragen
Wer die gesetzliche Errungenschaftsvermutung umstossen will, hat das Eigengut als Haupt- und nicht bloss als Gegenbeweis strikt zu beweisen (Regelbeweismass). Der Kläger muss in der Replik keine Behauptungen auf Vorrat vorbringen. Wenn durch Noven in der Duplik des Beklagten der Prozessstoff ausgedehnt wird und Kausalität zwischen der Noveneingabe des Klägers und den Dupliknoven gegeben ist, sind unechte Noven zuzulassen. Die gerichtliche Fragepflicht nach Art. 56 ZPO dient nicht dazu, Unsorgfalt oder prozessuale Nachlässigkeit einer anwaltlich vertretenen Partei zu korrigieren. Auch der im Scheidungsverfahren anwendbare Art. 277 Abs. 2 ZPO kann in erbrechtlichen Prozessen nicht analog herangezogen werden.
Roxana Bollinger-Bär
iusnet ErbR 27.06.2022

Verspätet eingebrachte Tatsachenbehauptungen und Beweismittel

Rechtsprechung
Erbrechtliche Klagen
Da die Kinder der Erblasserin den Anstieg des Vermögens des Stiefvaters während dessen Ehe mit ihrer Mutter sowie ihren hälftigen Anteil an dieser Errungenschaft bereits in der Klageantwort geltend gemacht haben, gehörte die Frage, welcher Gütermasse der Vermögenszuwachs angehört, ab diesem Zeitpunkt zum Prozessstoff; in den Dupliken kann insoweit keine Ausdehnung des Prozessstoffes mehr erfolgt sein, welche eine Zulassung von nach Aktenschluss eingebrachten neuen Beweismittel gerechtfertigt hätte.
iusnet ErbR 01.04.2022