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Prozessrechtliche Fragen

Prozessrechtliche Fragen

Prozessuale Stolpersteine im Zusammenhang mit der Behauptungs- und Beweislast (Widerlegung der Errungenschaftsvermutung)

Éclairages
Prozessrechtliche Fragen
Wer die gesetzliche Errungenschaftsvermutung umstossen will, hat das Eigengut als Haupt- und nicht bloss als Gegenbeweis strikt zu beweisen (Regelbeweismass). Der Kläger muss in der Replik keine Behauptungen auf Vorrat vorbringen. Wenn durch Noven in der Duplik des Beklagten der Prozessstoff ausgedehnt wird und Kausalität zwischen der Noveneingabe des Klägers und den Dupliknoven gegeben ist, sind unechte Noven zuzulassen. Die gerichtliche Fragepflicht nach Art. 56 ZPO dient nicht dazu, Unsorgfalt oder prozessuale Nachlässigkeit einer anwaltlich vertretenen Partei zu korrigieren. Auch der im Scheidungsverfahren anwendbare Art. 277 Abs. 2 ZPO kann in erbrechtlichen Prozessen nicht analog herangezogen werden.
Roxana Bollinger-Bär
iusNet ErbR 27.06.2022

Ungültigkeit der Klagebewilligung

Jurisprudence
Prozessrechtliche Fragen
Ziel und Zweck des Schlichtungsverfahrens ist die Erzielung einer Einigung der Parteien zur Vermeidung unnötiger Prozesse und Entlastung der Gerichte. Diesem Ziel dienen die Pflicht der Parteien, persönlich zu erscheinen, und die Pflicht der Schlichtungsbehörde, eine Aussöhnung der Parteien zu versuchen. Eine Klagebewilligung, die ausgestellt wird, ohne dass ein Schlichtungsversuch stattfand, leidet an einem schwerwiegenden Mangel, der zu ihrer Ungültigkeit führt.
iusNet ErbR 10.06.2022

Willensvollstreckerzeugnis / Formelle Rechtsverweigerung

Jurisprudence
Prozessrechtliche Fragen
Grundsätzlich stellt die Verweigerung der Ausstellung eines Willensvollstreckerzeugnisses eine vorsorgliche Massnahme i.S.v. Art. 98 BGG dar, da das Zeugnis nur deklaratorischen Charakter hat. Eine Ausnahme ist jedoch zuzulassen, wenn die kantonale Behörde selbst prüft, ob der Willensvollstrecker gültig eingesetzt worden ist, ohne die endgültige Auslegung der Verfügung von Todes wegen durch den ordentlichen Richter in einem späteren Verfahren vorzubehalten. Die Frage war aber insofern nicht von Bedeutung, als der Beschwerdeführer im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde ohnehin nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend machen konnte. Bejaht wurde eine formelle Rechtsverweigerung, da die Vorinstanz nicht über die vom Beschwerdeführer beantragte Parteientschädigung entschieden hatte.
iusNet ErbR 07.06.2022

Gerichtskostenvorschuss / Ratenzahlung

Jurisprudence
Prozessrechtliche Fragen
Gerade, wenn kein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege besteht, liegt es nach der Rechtsprechung bei der Festlegung des Kostenvorschusses im Ermessen des Gerichts, auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Parteien Rücksicht zu nehmen. Das Gericht kann insb. von der Möglichkeit eines (Teil-)Verzichts Gebrauch machen oder ggf. Ratenzahlungen gewähren. Ob ein Rechtsanspruch auf Ratenzahlung besteht, konnte offenbleiben, da der Beschwerdeführer es versäumt hatte, schon vor Obergericht den Vorwurf zu erheben, die erste Instanz habe sich in unzulässiger Weise über von ihm geltend gemachte veränderte Verhältnisse hinweggesetzt.
iusNet ErbR 26.04.2022

Zuständigkeit zur Behandlung von Aufsichtsbeschwerden gegen einen Willensvollstrecker

Jurisprudence
Prozessrechtliche Fragen
Die Behörden- und Gerichtsorganisation ist grundsätzlich Sache der Kantone, wobei das Bundesgericht die Anwendung des kantonalen Rechts nur i.Z.m. einer Verletzung verfassungsmässiger Rechte prüft. Die Zuständigkeit bezüglich der Aufsicht über die Willensvollstrecker war im Kanton Glarus bisher nicht explizit geregelt. Der Entscheid der Vorinstanz, welche die Zuständigkeit des Kantonsgerichtspräsidiums aus einer analogen Anwendung der Regelung der Zuständigkeit für die Anordnung der amtlichen Liquidation einer Erbschaft herleitet, erweist sich nicht als willkürlich.
iusNet ErbR 26.04.2022

Auf die Protokollierung einer Ausschlagungserklärung anwendbares Verfahrensrecht

Jurisprudence
Prozessrechtliche Fragen
Da die Protokollierung der Ausschlagungserklärung nicht zwingend einem Gericht vorbehalten ist, sondern der Kanton in der Bezeichnung der zuständigen Behörde frei ist, richtet sich das betreffende Verfahren nach kantonalem Recht. Verweist das kantonale Recht diesbezüglich auf die ZPO, kommen deren Bestimmungen als kantonales Recht zur Anwendung. Da die Beschwerdeführerin keine Verletzung verfassungsmässiger Rechte rügte, wird aufgrund der beschränkten Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts gegenüber kantonalem Recht auf die Beanstandungen gegen die verweigerte Aufhebung des Entscheids in Sachen Vormerknahme der Ausschlagung nicht eingetreten.
iusNet ErbR 21.02.2022

Einsetzung eines Erbenvertreters – Verlegung der Prozesskosten

Jurisprudence
Prozessrechtliche Fragen
Nachlassverwaltung
Das Gesuch um Einsetzung eines Erbenvertreters ist gegen alle nicht als Gesuchsteller auftretenden Erben zu richten, da der einzusetzende Erbenvertreter für alle Erben handelt. Da sich vorliegend nur zwei der vier passivlegitimierten Erben gegen das Gesuch stellten und das Verfahren durch deren Verhalten ausgelöst worden war, entschied das Kantonsgericht, dass es unbillig wäre, die anderen beiden Erben einen Teil der Kosten mittragen zu lassen.
iusNet ErbR 21.02.2022

Anfechtung eines den Antrag auf Sistierung des Schlichtungsverfahrens gutheissenden Entscheids

Jurisprudence
Prozessrechtliche Fragen
Beim Entscheid, mit dem die Sistierung des Schlichtungsverfahrens wegen bestehender Rechtshängigkeit bestätigt wurde, handelt es sich um einen Zwischenentscheid. Die Beschwerde gegen diesen scheitert daran, dass die Beschwerdeführer fordern, die Sache wegen Säumnis der Klägerin an der Schlichtungsverhandlung abzuschreiben, der Gegenstand der angefochtenen Verfügung jedoch die Sistierung des Schlichtungsverfahrens und nicht dessen Schicksal war. Das Bundesgericht könnte daher keinen Endentscheid fällen. Selbst die Klagebewilligung hätte es nicht erlaubt, Beschwerde zu führen, denn die Klagebewilligung stellt – abgesehen vom Spruch über die Kosten – keinen anfechtbaren Entscheid dar.
iusNet ErbR 21.02.2022

Der einzelne Erbe als Nebenintervenient gemäss Art. 74 ZPO

Éclairages
Prozessrechtliche Fragen

BGer, Urteil 4A_147/2021 vom 27. Oktober 2021 = BGE 147 III 537

Das Prinzip des gemeinsamen Handelns führt bei Uneinigkeit unter den Erben oftmals zu festgefahrenen Blockaden. Die Bundesgerichtspraxis hat in zahlreichen Fällen aufgrund der Schwerfälligkeit der Erbengemeinschaft Alleingänge einzelner Erben gutgeheissen. In einem neueren Urteil hatte sich das Bundesgericht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein einzelner Erbe als Nebenintervenient in einem von einem Willensvollstrecker geführten, nichterbrechtlichen Aktivprozess zuzulassen ist. Es sah dabei keinen Widerspruch zwischen dem in Erbengemeinschaften geltenden Prinzip des gemeinsamen Handelns und der Nebenintervention des einzelnen Erben und hiess dessen Beschwerde gegen die Abweisung seines Gesuchs gut.
Jonas Kipfer-Berger
iusNet ErbR 21.02.2022

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