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Digitale Nachlassplanung

Digitale Nachlassplanung

Gerichtsstandsklauseln und anwendbares Recht (Beispiele für Regelungen der Anbieter)

 

Plattform Forum Anwendbares Recht Tod Kontoinhaber
Google (Gmail, YouTube)1 Für Personen mit (Wohn-)Sitz in einem EWR-Staat oder der Schweiz: Gerichte des Wohnsitzstaates des Nutzers Für Personen mit (Wohn-)Sitz in einem EWR-Staat oder der Schweiz: Recht des Wohnsitzstaates des Nutzers

Kontoinaktivitäts-Manager, mit dem der Kontoinhaber regeln kann, wie mit dem Konto nach einer gewissen Zeit der Inaktivität weiter verfahren werden soll.

Keine Regelung in den Nutzungs­bedingungen; gem. Hilfebereich u.U. Löschung auf Antrag Angehöriger

Facebook2

Für Verbraucher:
«Du kannst deinen Anspruch vor jedem Gericht klären lassen, das in dem Land für den Anspruch zuständig ist.»

Ansonsten: «In allen anderen Fällen stimmst du zu, dass der Anspruch ausschliesslich vor dem für den nördlichen Bezirk von Kalifornien zuständigen US-Bezirksgericht (District Court for the Northern District of California) oder vor einem Bundesstaatsgericht (State Court) in San Mateo County geklärt wird.»

Für Verbraucher: «Gesetze des Landes, in dem du lebst, für jeglichen Anspruch, Klagegegenstand oder Streitfall, den du uns gegenüber hast und der sich aus diesen Nutzungs­bedingungen oder aus den Facebook-Produkten oder im Zusammenhang damit ergibt.»

Ansonsten: Recht des Bundesstaates Kalifornien, exkl. Kollisionsrecht.

In den Nutzungs­bedingungen
(5.5 Sonstiges): Möglichkeit, einen Nachlasskontakt zu bestimmen, der das Konto nach dem Tod verwalten soll. Das Konto wird bei Tod grundsätzlich in sog. «Gedenkzustand» versetzt; dies ist den Nutzungsbedingungen allerdings nur sinngemäss zu entnehmen und wird detailliert im Hilfebereich von Facebook erläutert. Die Offenlegung des Kontos nach der Versetzung in den Gedenkzustand kann nur der Nachlasskontakt oder «eine Person, die du in einem gültigen Testament oder ähnlichen Dokument, das deine eindeutige Zustimmung zur Offenlegung deiner Inhalte im Todesfall oder bei Unfähigkeit ausdrückt, genannt hast» beantragen.

Mehr Informationen erhält der Hilfebereich: Danach ist es möglich, selbst festzulegen, dass das Konto im Todesfall gelöscht werden soll. Zur Löschung des Kontos durch Familienangehörige wird verlangt, dass der Antragsteller direktes Familienmitglied oder Nachlassverwalter des verstorbenen Kontoinhabers ist.

WhatsApp3 Für Verbraucher mit ständigem Wohnsitz in der europäischen Region (inkl. Schweiz): jedes Gericht in diesem Mitgliedsstaat, das für diesen Anspruch zuständig ist; sonst Gericht in Irland Für Verbraucher mit ständigem Wohnsitz in der europäischen Region (inkl. Schweiz): Anwendung des Rechts des jeweiligen Mitgliedsstaats; sonst irisches Recht exkl. Kollisionsrecht Keine Regelung in den Nutzungs­vereinbarungen; im Hilfebereich ebenfalls keine ausdrücklichen Ausführungen über den Tod des Nutzers ersichtlich, aber Löschung nach 120 Tagen Inaktivität
Instagram4 s. Facebook, da Facebook-Produkt s. Facebook, da Facebook-Produkt Vgl. Facebook. Keine speziellen Regeln in den Instagram-Nutzungsbedingungen. Ausführungen nur im Hilfebereich: Konto wird bei Meldung des Todes und entsprechendem Nachweis (z.B. Zeitungsausschnitt) in Gedenkzustand versetzt; unmittelbare Familienmitglieder («rechtsgültiger Nachweis darüber, dass du der rechtmässige Vertreter der verstorbenen Person oder von deren Nachlass bist») können das Konto löschen lassen.
Twitter5

Für Personen mit Wohnsitz in EU, EFTA, GB: keine ausdrückliche Bestimmung, aber Festlegung, dass Vertragspartner ein irisches Unternehmen mit Sitz in Dublin ist.

Für Personen mit Wohnsitz ausserhalb von EU, EFTA, GB: Bundes- oder staatliche Gerichte in San Francisco County, Kalifornien, USA

Für Personen mit Wohnsitz in EU, EFTA, GB: keine ausdrückliche Bestimmung, aber Festlegung, dass Vertragspartner ein irisches Unternehmen mit Sitz in Dublin ist.

Für Personen mit Wohnsitz ausserhalb von EU, EFTA, GB: Gesetze des Staates Kalifornien

Keine Regelung in den Nutzungs­vereinbarungen; im Hilfebereich: Unmittelbares Familienmitglied oder testamentarisch bevollmächtigte Person kann das Konto deaktivieren lassen.6
LinkedIn7 Für Personen mit Wohnsitz in EU, EWR, CH: Dublin, Irland, mit einem Vorbehalt zugunsten zwingenden Verbraucherschutz-rechts Für Personen mit Wohnsitz in EU, EWR, CH: irisches materielles Recht, mit einem Vorbehalt zugunsten zwingenden Verbraucherschutzrechts Keine Regelung in den Nutzungs­bedingungen; im Hilfebereich: Es scheint, als könnte jede Person mit einem Bezug zum Verstorbenen unter Nachweis des Todes das Konto «ausblenden» lassen. Verlangt werden: der Name des Mitglieds, die URL zum LinkedIn-Profil des Mitglieds, das Verhältnis zu dem Mitglied (als Beispiele genannt sind Kollegen, Studienkameraden oder nahestehende Personen), die E-Mail-Adresse des Mitglieds, das Sterbedatum, ein Link zur Todesanzeige, die letzte Beschäftigungs­zugehörigkeit.8
iCloud von Apple9 Für Bürger eines Mitgliedsstaats der EU, CH, NOR oder ICE: Gerichte des «gewöhnlichen Wohnsitzes»; Account ist nur für den «privaten Gebrauch bestimmt», d.h. ggf. über diesen Weg Einschränkung der genannten Regeln auf Verbraucher Für Bürger eines Mitgliedsstaats der EU, CH, NOR oder ICE: Recht des «gewöhnlichen Wohnsitzes»; Account ist nur für den «privaten Gebrauch bestimmt», d.h. ggf. über diesen Weg Einschränkung der genannten Regeln auf Verbraucher

«Kein Recht des Überlebenden: Sofern gesetzlich nichts anderes vorgesehen ist,10 stimmst du zu, dass dein Account nicht übertragbar ist und dass alle Rechte an deiner Apple-ID oder deinen Inhalten innerhalb deines Accounts im Fall deines Todes enden. Bei Erhalt einer Kopie der Sterbeurkunde können dein Account aufgelöst und sämtliche Inhalte innerhalb deines Accounts gelöscht werden. Wende dich an den iCloud-Support unter <https://support.apple.­com/de-de/icloud>, wenn du weitere Unterstützung wünschst.»

Zugriff nur für Erben oder Nachlassverwalter etc. mit entsprechendem «Gerichtsbeschluss»

Apple Music, iTunes von Apple11 Für Bewohner eines Landes der EU, CH, NOR oder ICE: Gerichte des gewöhnlichen Aufenthaltsortes Für Bewohner eines Landes der EU, CH, NOR oder ICE: Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes Keine spezifischen Angaben, wohl gemäss iCloud, da automatisch eine iCloud-Music-Bibliothek erstellt wird, die verbunden ist mit der Apple ID. Damit auch hier «Kein Recht des Überlebenden»
Spotify12 Soweit ersichtlich keine Regelung Deutsches Recht mit Ausschluss von Kollisionsnormen unter Vorbehalt zwingender Normen der EU oder eines anderen Landes Soweit ersichtlich keine Regelung
Dropbox13 Grundsätzlich Schiedsverfahren in Kalifornien, aber Vorbehalt betreffend Verbraucher: «Wenn Sie in einem Land wohnhaft sind (z.B. einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union), dessen Gesetze Verbrauchern das Recht einräumen, Klage vor einem lokalen Gericht zu führen, hat dieser Absatz keinen Einfluss auf diese Vorgaben.» Grundsätzlich kalifornisches Recht, aber Vorbehalt betreffend Verbraucher: «Einige Länder (unter anderem EU-Länder) haben Gesetze, die vorschreiben, dass Verträge und Vereinbarungen den lokalen Gesetzen im Land des Verbrauchers unterliegen. Dieser Absatz hat keinen Vorrang vor diesen Gesetzen.» Keine Regelung in den Nutzungs­bedingungen; im Hilfebereich: Zugriff auf Konto nur bei «Gerichtsbeschluss», der Gewährung des Zugriffs anordnet14
PayPal15 Singapur (Schiedsgerichtsbarkeit oder staatliche Gerichtsbarkeit, wohl nach Wahl des Klägers) Gesetze von Singapur Keine Regelung in den Nutzungs­bedingungen; im Hilfebereich: Nur Anweisungen vom Testamentsvollstrecker oder vom Nachlassverwalter mit genau spezifizierten Unterlagen; verbliebenes Guthaben kann auf ein anderes PayPal-Konto oder auf ein Bankkonto transferiert werden.16
Tinder17 Schiedsgerichtsbarkeit, subsidiär Gerichte in Dallas County, Texas, Vorbehalt für Nutzer mit Wohnsitz in EU oder EWR, die Klagen in ihrem Wohnsitzland entsprechend dem geltenden Recht vorbringen können Gesetze von Texas exkl. Kollisionsrecht, Vorbehalt für Nutzer mit Wohnsitz in EU oder EWR: die AGB beanspruchen keinen Vorrang vor der zwingenden Verbraucherschutz-gesetzgebung Alle Rechte an Konto und Inhalten enden nach dem Tod.

 

 

Formulierungsbeispiel: Vorsorgeauftrag18

«Dieser Vorsorgeauftrag ermächtigt auch zur Vornahme sämtlicher Handlungen und zur Begründung von Rechten und Pflichten in digitalen Angelegenheiten. Die Vorsorgebeauftragte ist im Rahmen der Besorgung meiner Angelegenheiten ermächtigt zur Verwaltung, Regelung, Abwicklung und Nutzung meiner gesamten digitalen Vermögenswerte und meines gesamten digitalen Lebensbereichs, unabhängig davon, ob es sich um geschäftliche, vermögensrechtliche, private, höchstpersönliche oder sonstige Inhalte handelt. Der Vorsorgeauftrag ermächtigt insbesondere auch zum Zugriff auf sämtliche Hard- und Software, E-Mails und sonstige Benutzer-konten sowie zu deren notwendigen Nutzung im Rahmen der Besorgung meiner Angelegenheiten. In diesem Zusammenhang ist die Vorsorgebeauftragte ausdrücklich auch zur Nutzung und Wiederherstellung von notwendigen Zugangsdaten ermächtigt. Zu diesem Zweck befreie ich sämtliche Geheimnisträger soweit möglich von Geheimhaltungspflichten gegenüber der hier Vorsorgebeauftragten.»

 

Checkliste: Digitale Nachlassplanung

In der digitalen Nachlassplanung sind folgende Vorkehrungen zu treffen:

  • Überblick und Ordnung im digitalen Bereich schaffen
  • Verzeichnisse erstellen
  • Bewusstsein für digitalen Nachlass und digitalen Tod entwickeln
  • Lokale Kopien von Daten auf eigenen Speichermedien erstellen
  • Geschäftliche Nutzungen überprüfen, ggf. Anbieter in der Schweiz wählen
  • Zugangsdaten zugänglich machen:
    • geeignete Übermittlungsform finden
    • mögliche Instrumente: Liste, Verzeichnis, Passwortmanager, Online-Safe-Dienst, Übermittlung eines Masterpassworts etc.
    • E-Mail-Accounts und Hardware (insbesondere Computer und Smartphone) prioritär zugänglich machen
    • Kryptowährungen: nachfolgende Checkliste (Rz. 406) beachten
    • ggf. Auswirkungen auf Cyber-Versicherungsschutz beachten
    • Vertrauensperson(-en) informieren
  • Vorsorgeauftrag erstellen bzw. um digitale Befugnisse erweitern
  • Genaue Anordnungen treffen über den digitalen Nachlass: Verwaltung, Löschung, Weiternutzung, Zuweisung etc.; ggf. Formvorschriften beachten
  • Ggf. Nutzen von Nachlassplanungsinstrumenten der Anbieter
  • Prüfung der Einsetzung eines Willensvollstreckers

 

Checkliste: Digitale Nachlassplanung bei Kryptowährungen

Bei Kryptowährungen sind folgende Vorkehrungen zu treffen:

  • Checkliste zur allgemeinen digitalen Nachlassplanung (Rz. 396) beachten
  • Genaue Anordnungen treffen über die Begünstigungen im Todesfall; Formvorschriften und Pflichtteile beachten
  • Sinnvolle und gangbare Methode zur Verwahrung und Verwaltung des kryptografischen Schlüsselpaars finden
  • Sinnvollerweise kalte (offline genutzte) Hardware Wallets (Non-Custodial) verwenden
  • Wallets zugänglich machen; hierzu insbesondere geeignete Übermittlungsform für Wallet-PIN, Wallet-Passwörter, Seed Phrase und Passphrase finden (z.B. Papier)
  • Zusätzlich: Übermittlung des kryptografischen Schlüsselpaars (Public Key und Private Key) mit geeigneter Übermittlungsform (z.B. Papier)
  • Praktische Hinweise an Begünstigte zum Zugriff übermitteln, ggf. professionelle Hilfstools nutzen
  • Vertrauensperson(-en) informieren
  • IT-Sicherheit bewusst managen
     
iusNet ErbR 25.04.2023

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Vorsorge- und Nachlassplanung

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Cordula Lötscher

Gerichtsstandsklauseln und anwendbares Recht (Beispiele für Regelungen der Anbieter)

 

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Kontoinaktivitäts-Manager, mit dem der Kontoinhaber regeln kann, wie mit dem Konto nach einer gewissen Zeit der Inaktivität weiter verfahren werden soll.

Keine Regelung in den Nutzungs­bedingungen; gem. Hilfebereich u.U. Löschung auf Antrag Angehöriger

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